Kann eine Wortmarke mit begrifflichem Inhalt durch eine dreidimensionale Produktgestaltung verletzt werden? Während Kollisionen zwischen Wort- und Bildzeichen bereits Gegenstand mehrerer höchstrichterlicher Entscheidungen waren, hatte der Bundesgerichtshof im „Goldbären“-Fall erstmalig Gelegenheit, sich mit der Kollision zwischen Warenform und Wortmarke auseinanderzusetzen. Nachdem die Presse bereits seit Jahren über den Streit berichtet hatte, wurde das Urteil des BGH vom 23. September 2015 (Az. I ZR 105/14) mit einiger Spannung erwartet. Die überraschend „strenge“ Entscheidung kommt – nicht zuletzt aufgrund ihrer erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung – einem Paukenschlag gleich. Der BGH hält es zwar theoretisch für möglich, durch die Gestaltung der Warenform eine Wortmarke zu verletzen. Um einen ausufernden Motivschutz zu verhindern, sind – laut BGH – aber an die Zeichenähnlichkeit sehr hohe Anforderungen zu stellen.

Sachverhalt: Stein des Anstoßes und Gegenstand des Rechtsstreits zwischen Haribo und Lindt & Sprüngli war der goldene Schokoladenbär „A TEDDY“, der in der Weihnachtszeit im Jahr 2011 erstmalig von dem Schweizer Schokoladenfabrikanten auf den deutschen Markt gebracht wurde. Haribo, Inhaber der deutschen Wortmarken „GOLDBÄREN“, „GOLDBÄR“, „GOLD-TEDDY“, der Gemeinschaftsbildmarke „GOLDBÄR“ und der verkehrsdurchgesetzten deutschen Farbmarke „GOLD“ für Fruchtgummi, sah durch die bärenförmige Schokoladenfigur seine Markenrechte verletzt.

Während der Klage in erster Instanz vor dem LG Köln noch Erfolg beschieden war, wies das OLG Köln sie ab. Auch vor dem BGH hatte Haribo kein Glück. Die Richter des I. Zivilsenats wiesen die Revision im Wesentlichen zurück.

Entscheidung: Im Einklang mit den Instanzgerichten beantwortet der BGH die zentrale Frage des Rechtsstreits mit einem „Ja“. Es ist theoretisch vorstellbar, durch die Gestaltung eines Produkts eine Wortmarke zu verletzen. Während das Landgericht allerdings noch von einer „hochgradigen Zeichenähnlichkeit“ zwischen den Klagemarken und dem Lindt-Goldbären ausgegangen war, verneinte der BGH diese Voraussetzung und legte hierbei einen strengen Maßstab an.

Um einen ausufernden Motivschutz zu vermeiden – so der BGH – müsse die Wortmarke aus Sicht der angesprochenen Verbraucher die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Bezeichnung der dreidimensionalen Gestaltung darstellen. Anders gewendet: Wenn auch nur eine alternative Bezeichnung für das Produkt in Betracht kommt, ist die Marke nicht verletzt. Im konkreten Fall sei aber nicht nur an einen „Goldbären“ zu denken. Der Verbraucher assoziiere angesichts des Lindt-Bären auch andere Begriffe wie beispielsweise „Teddy“, „Schokoladen-Bär“ oder „Schokoladen-Teddy“.

Wie eingangs erwähnt begründete der BGH seinen strengen Maßstab mit der Überlegung, andernfalls bestünde die Gefahr, dass über eine Zeichenähnlichkeit zwischen dem Sinngehalt einer Wortmarke und einer dreidimensionalen Produktform eine weitgehende Monopolisierung von Warengestaltungen erfolgt. Dies sei weder mittels Bild- oder 3D-Marken möglich, noch rechtspolitisch wünschenswert.

Auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche von Haribo vermochte der BGH nicht zu erkennen.

Praxisfolgen: Das Urteil des BGH kann insbesondere Auswirkungen auf die Praxis der Markenanmeldung haben. Der BGH hat in seinem Urteil zwar bestätigt, dass eine dreidimensionale Produktgestaltung den Schutzbereich einer Wortmarke verletzen und damit Verletzungsansprüche auslösen kann. Aufgrund der hohen Anforderungen an die Zeichenähnlichkeit wird es in der Praxis aber nur selten gelingen, mit Hilfe einer Wortmarke gegen störende Warenformen vorzugehen. Da der Bedeutungsgehalt häufig glatt beschreibend sein wird, dürfte es den entsprechenden Marken im Übrigen häufig an der für die Eintragung erforderlichen Kennzeichnungskraft fehlen. Mandanten, die ihre Produktnamen optimal schützen wollen, sind daher gut beraten, wenn sie Alternativen wie beispielsweise Designs in Betracht ziehen.