Die geplanten gesetzlichen Änderungen zur Leiharbeit und zum Einsatz von Werkverträgen sind derzeit ein brisantes Thema. Der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 16. November 2015 sieht ganz erhebliche Belastungen und Einschränkungen für Unternehmen - Entleiher und Verleiher - vor.

Das Bundesarbeitsministerium hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze in die Ressortabstimmung der Ministerien gegeben. Kernpunkte des Referentenentwurfs sind die Einführung einer Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten, ein Anspruch der Leiharbeitnehmer auf Equal Pay nach 9 Monaten und die gesetzliche Niederlegung von Abgrenzungskriterien zwischen Werk- und Dienstverträgen auf der einen und Arbeitsverträgen auf der anderen Seite. Die Neuregelungen sollen voraussichtlich im Januar 2017 in Kraft treten.

Die wichtigsten geplanten Neuregelungen im Überblick

  • Leiharbeitnehmer sollen grundsätzlich künftig nur noch bis zu einer Überlassungshöchstdauer von 18 aufeinanderfolgenden Monaten bei einem Entleiher eingesetzt werden können. Unterbrechungen bis zu 6 Monaten werden mitgezählt. Ab 6 Monaten Unterbrechung zählt der Zeitraum neu. In einem Tarifvertrag der Einsatzbranche oder aufgrund eines solchen Tarifvertrags sollen allerdings längere Einsatzzeiten vereinbart werden können.
  • Leiharbeitnehmer sollen spätestens nach 9 Monaten hinsichtlich des Arbeitsentgelts mit den Stammarbeitnehmern beim Entleiher gleichgestellt werden. Im Zeitraum davor kann durch Tarifvertrag oder auf Basis einer tariflichen Regelung vom Equal Pay-Grundsatz weiterhin abgewichen werden. Auch insoweit soll - allerdings nur eingeschränkt - eine Abweichung durch Tarifvertrag möglich sein: Soweit für das Arbeitsverhältnis ein (Branchen-) Zuschlagstarifvertrag gilt, der eine stufenweise Heranführung des Arbeitsentgelts an Equal Pay vorsieht, soll der Anspruch auf Equal Pay erst nach einer Einsatzdauer von 12 Monaten bestehen. Hinsichtlich der wesentlichen Arbeitsbedingungen kann ohne Zeitbegrenzung abgewichen werden.
  • Bei Überschreiten der Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten wird ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher fingiert, es sei denn der Leiharbeitnehmer möchte dies nicht und erklärt dies schriftlich innerhalb einer bestimmten Frist.
  • Der Vertrag zwischen Entleiher und Verleiher muss ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnet werden und die Person des Leiharbeitnehmers konkretisiert werden. Geschieht dies nicht, wird ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer fingiert, es sei denn der Leiharbeitnehmer möchte dies nicht und erklärt dies schriftlich innerhalb einer bestimmten Frist.
  • Bei einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung - also z.B. einem gescheiterten Werkvertragseinsatz - wird zulasten des Einsatzunternehmens (vermeintlicher Werkbesteller) ein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und dem Leiharbeitnehmer fingiert, es sei denn der Leiharbeitnehmer möchte dies nicht und erklärt dies schriftlich innerhalb einer bestimmten Frist.
  • Der Verleiher muss den Leiharbeitnehmer vor jeder Überlassung darüber informieren, dass er als Leiharbeitnehmer tätig wird.
  • Der Entleiher darf Leiharbeitnehmer nicht tätig werden lassen, soweit sein Betrieb unmittelbar durch einen Arbeitskampf betroffen ist.
  • Der Katalog an Ordnungswidrigkeiten wird entsprechend der neuen Verpflichtungen ergänzt, so dass Verstöße Geldbußen nach sich ziehen können.
  • Vorgesehen ist des Weiteren die Klarstellung, dass Leiharbeitnehmer bei den für die betriebliche Mitbestimmung (BetrVG) und Unternehmensmitbestimmung geltenden Schwellenwerten auch beim Entleiher zu berücksichtigten sind, sofern dies der Zielrichtung der jeweiligen Norm nicht widerspricht.
  • In § 80 Abs. 2 und § 92 Abs. 1 Satz 1 BetrVG soll zudem der Inhalt des bereits bestehenden Informationsrechts des Betriebsrats über den Einsatz von Personen, die nicht im Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber des Betriebs stehen, gesetzlich klargestellt werden.
  • Um den Missbrauch von Werk- und Dienstvertragsgestaltungen zu verhindern und gleichzeitig die Prüftätigkeit von Behörden zu erleichtern, sollen für die Abgrenzung von Werk- und Dienstverträgen zu Arbeitsverträgen die wesentlichen von der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien gesetzlich niedergelegt werden. Außerdem soll klargestellt werden, dass ein Arbeitsvertrag, unabhängig von der Bezeichnung und dem formalen Inhalt des Vertrags, vorliegt, wenn dies der tatsächlichen Vertragsdurchführung entspricht.

Praxisfolgen Die gesetzlichen Planungen sehen eine ganz erhebliche Einschränkung der Leiharbeit in der Praxis vor. Die Beschränkung auf 18 Monate muss mit in die Personalplanungen einbezogen werden. Dabei kann der 6-Monats-Vakanzzeitraum ggf. strategisch genutzt werden. Der Schutzschirm einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis bei einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung hilft in Zukunft nicht mehr weiter. Auch das belastet Einsatzunternehmen ganz erheblich. Wenn eine Wertvertragskonstruktion gewählt wird, muss diese nun 100%-ig rechtlich richtig aufgesetzt und durchgeführt werden. Andernfalls entstehen Arbeitsverhältnisse zum Einsatzunternehmen. Die Rechte von Betriebsräten werden gestärkt. AÜG-Modelle mit längerfristigen Arbeitnehmerüberlassungen sind damit dauerhaft erledigt. Das gesetzgeberische Ziel ist klar: Die Leiharbeit und Werkvertragskonstruktionen sollen eingeschränkt werden. Das Leitbild ist die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in einem festen Arbeitsverhältnis.

Es bleibt abzuwarten, ob der Referentenentwurf tatsächlich 1:1 in die endgültigen gesetzlichen Regelungen einfließen wird. Allerdings sind Unternehmen schon jetzt gut beraten, sich auf diesen Fall intensiv vorzubereiten, um zum Jahresbeginn 2017 gerüstet zu sein.

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