Am 17. Dezember 2020 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht (BT-Drucks. 761/20) beschlossen („Gesetz“). Das Gesetz beruht auf der Beschlussempfehlung und des Berichtes des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (BT-Druck. 19/25251, 19/25322) – in Anlehnung an den Beschluss der Telefonkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 13. Dezember 2020. Der Bundesrat hat das Gesetz am 17. Dezember 2020 gebilligt (vgl. BR-Drucks. 761/20); es soll am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten.
Das Gesetz enthält die Regelung, dass die Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage in der besonderen Situation der COVID-19-Pandemie grundsätzlich anwendbar sind (Art. 10 des Gesetzes). Führen staatliche Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie zu erheblichen Einschränkungen des Betriebs des Gewerberaummieters/ -pächters, so vermutet das Gesetz darin künftig einen Umstand, der zu einer Anpassung des Miet-/ Pachtvertrags aufgrund der Störung der Geschäftsgrundlage führen kann (§ 313 BGB). Dies zieht jedoch nicht per se die Rechtsfolge der Vertragsanpassung nach sich. Dies bleibt weiterhin der Betrachtung des Einzelfalls überlassen.
Das Gesetz enthält darüber hinaus auch ein Vorrang- und Beschleunigungsgebot für Verfahren über die Anpassung der Miete oder Pacht aufgrund solcher staatlicher Maßnahmen, die Gewerbemieter und-pächter treffen (Art. 1 des Gesetzes).
Gewerbemieter/ -pächter werden das Gesetz voraussichtlich als „Rückendeckung“ verstehen und von Vermietern und Verpächtern die Verhandlungen mit dem Ziel der Vertragsanpassungen (etwa Minderung und/ oder Stundung der Miete bzw. Pacht) verlangen. Sollten Vermieter/ Verpächter sich diesen Vertragsverhandlungen nicht stellen, ist davon auszugehen, dass Mieter/ Pächter die Rechtsstreitigkeiten vermehrt aufgrund des im Gesetz neu beschlossenen Vorrang- und Beschleunigungsgebots gerichtlich überprüfen lassen werden. Ob die Vertragsanpassungsverlangen der Mieter/ Pächter gerechtfertigt sind, ist jedoch – wie oben beschrieben – nach wie vor anhand einer Bewertung im Einzelfall zu entscheiden. Um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, ist Vermietern/ Verpächtern grundsätzlich zu empfehlen, mit ihren Mietern/ Pächtern rechtzeitig individuelle Regelungen auszuhandeln. Die nachfolgenden Überlegungen können bei solchen Verhandlungen als Argumentationsstütze dienen.
Stärkung der Verhandlungsposition der Gewerbemieter und -pächter durch Vermutungsregelung
Der Grundsatz, der sich auch in der überwiegenden bisherigen Rechtsprechung zu den staatlichen COVID-19 Maßnahmen widerspiegelte, wonach Mieter/ Pächter das Risiko der gewinnbringenden Nutzung des Miet- bzw. Pachtobjekts tragen, soll durch das Gesetz abgemildert werden. Primär soll das Gesetz Mietern/ Pächtern aufgrund der gesetzlichen Vermutung die Anwendbarkeit der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) erleichtern, d.h. nicht erst dann, wenn ihre Existenz bedroht ist (wie dies teilweise in der bisherigen Rechtsprechung verlangt wurde, vgl. AG Düsseldorf, Urteil vom 10. November 2020 – 45 C 245/20, BeckRS 2020, 31652, Rn. 35; AG Köln, Urteil vom 4. November 2020 – 206 C 76/20, BeckRS 2020, 32288, Rn. 32; LG Frankfurt a.M., Urteil vom 5. Oktober 2020 – 2-15 O 23/20, BeckRS 2020, 26613), sondern bereits bei erheblichen Verwendbarkeitseinschränkungen des Miet- bzw. Pachtobjekts für ihren Betrieb. Das Gesetz regelt das wie folgt (Neufassung des Art. 240 EGBGB):
§ 7 Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen
(1) Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.
(2) Absatz 1 ist auf Pachtverträge entsprechend anzuwenden.
Das Gesetz stellt klar, dass die Grundsätze der Veränderung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) Anwendung finden. Es versucht die Position der Gewerbemieter/ -pächter durch die Beweiserleichterung (gesetzliche Vermutung) zu stärken und gewerblichen Mietern/ Pächtern die Anpassung des Vertrages (etwa Minderung und/oder Stundung der Miete bzw. Pacht) zu ermöglichen und zu erleichtern (§ 313 Abs. 1 BGB). Dabei sind folgende Überlegungen anzustellen:
- Die gesetzliche Vermutung kann durch den Vermieter/ Verpächter widerlegt werden, bspw. für den Fall, in dem der Miet-/ Pachtvertrag zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, in dem eine pandemieartige Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in der breiten Öffentlichkeit bereits absehbar war. Über solche Fälle hinaus dürfte es den Vermietern/ Verpächtern tendenziell schwer fallen, die Vermutung zu widerlegen, wenn sie nicht Einblicke in die geschäftlichen Grundlagen und die Entscheidungen der Mieter/ Pächter haben.
- Der Mieter/ Pächter ist beweisbelastet für die Kausalität, dass eine Aufhebung bzw. erhebliche Einschränkung der Verwendbarkeit des Miet-/ Pachtobjektes „infolge staatlicher Maßnahmen“ vorliegt. Die staatliche Maßnahme muss dabei die Verwendbarkeit des Betriebs des Mieters/ Pächters einschränken und sich dafür auf die Miet-/ Pachtsache selbst oder den in der Miet-/ Pachtsache ausgeübten Betrieb des Mieters/ Pächters beziehen. Unter Betrieb ist die tatsächliche Nutzung im Rahmen des vertraglichen Zwecks zu verstehen (vgl. S. 20 BT-Drucks. 19/25332). Nicht umfasst sind beispielweise Quarantäneanordnungen, die sich auf den Mieter/ Pächter und/ oder dessen Mitarbeiter beziehen.
- Unter welchen Umständen eine erhebliche Einschränkung vorliegen soll, ist nicht definiert. Die Gesetzesbegründung merkt an, dass die Einschränkung der Verwendbarkeit nicht lediglich darauf zurückgehen darf, dass bei einem Betrieb mit Publikumsverkehr die Kundschaft allein wegen sinkender Konsumbereitschaft ausbleibt (vgl. S. 20 BT-Drucks. 19/25322). Dies dürfte aber in der Regel ein nicht unwesentlicher Faktor für Umsatzrückgänge bzw. die erhebliche Einschränkung der Verwendbarkeit darstellen. Als erhebliche Einschränkung soll regelmäßig die staatliche Vorgabe gelten, nur einen bestimmten Teil der Ladenfläche für Publikumsverkehr nutzen zu dürfen oder die Anzahl der Personen beschränken zu müssen, die sich auf einer bestimmten Fläche aufhalten dürfen (vgl. S. 21 BT-Drucks. 19/25332).
Unter welchen Umständen diese gesetzliche Vermutungsregelung zu Gunsten der Mieter/ Pächter greifen soll, bleibt danach eine Betrachtung des Einzelfalles und kann damit zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führen, welche erst durch die Rechtsprechung ausgefüllt werden wird.
Kein gesetzliches Vertragsanpassungsrecht
Unabhängig von der gesetzlichen Vermutung, die das Gesetz zu Gunsten der Gewerbemieter/ -pächter aufstellt, führt dies nicht per se zu einer Anwendbarkeit der Störung der Geschäftsgrundlage mit der Folge des Anspruchs auf Vertragsanpassung (bspw. in Form eines Mietminderungs- und/ oder Stundungsrechts). Die Vermutung, die das Gesetz aufstellt, gilt nämlich zunächst nur für das sogenannte tatsächliche Element der Voraussetzungen der Veränderung der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB). Die Anpassung des Vertrages (§ 313 Abs. 1 BGB) setzt nicht nur die Veränderung der Geschäftsgrundlage (tatsächliches Element) voraus, sondern auch (i) die Hypothese, dass bei Kenntnis dieser Veränderung die Vertragsparteien den Vertrag nicht oder nicht so geschlossen hätten (hypothetisches Element) und (ii) einer Partei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (normatives Element). Diese weiteren Tatbestandsmerkmale (hypothetisches und normatives Element) bleiben von dem Gesetz unberührt. Dafür bleiben die Mieter/ Pächter beweisbelastet.
Hypothetisches Element: Ob die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie die staatlichen COVID-19 Maßnahmen vorausgesehen hätten, ist Auslegung des Willens der Parteien. Zwar kann man grundsätzlich davon ausgehen, dass die Parteien für derartige staatliche Maßnahmen andere Regelungsinhalte im Vertrag getroffen hätten.
Entscheidend sind aber wiederum die Umstände des Einzelfalles.
Normatives Element: Dem normativen Element wird auch in Zukunft die maßgebliche Bedeutung zukommen. Die Zumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Vertrag unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, wurde im Fall staatlicher COVID-19 Maßnahmen in der bisherigen Rechtsprechung überwiegend im Hinblick auf das beim Mieter/ Pächter liegende gewinnbringende Verwendungsrisiko der Mietsache bejaht (LG Heidelberg, Urteil vom 30. Juli 2020 – 5 O 66/20, COVuR 2020, 541). Ausweislich der Gesetzesbegründung soll keine feste Zuordnung des Verwendungsrisikos bei staatlichen COVID-19 Maßnahmen bestehen; diese seien regelmäßig weder der Sphäre des Vermieters noch der Sphäre des Mieters zuzuordnen (S. 21 BT-Drucks. 19/25332). Offen bleibt aber, ob diese Umverteilung von der Rechtsprechung angewendet werden wird, da dies über den Wortlaut der neu eingefügten Vermutung hinausgeht und diese sich dem Wortlaut nach lediglich auf das vorgenannte tatsächliche Element bezieht. Ungeachtet dessen bleibt die Ausfüllung des normativen Merkmals der Rechtsprechung überlassen und stellt eine Bewertung der einzelnen Umstände des konkreten Einzelfalls dar. Im Rahmen der Zumutbarkeit wird Folgendes Berücksichtigung finden müssen (vgl. insbesondere auch LG Zweibrücken, Urteil vom 11. September 2020 – HK O 17/20, COVuR 2020, 693):
- Wie stark wirken sich die staatlichen Beschränkungen auf den Betrieb des Mieters aus? Ein Indiz für starke Beeinträchtigungen kann in erheblich zurückgegangenen Umsätzen, zum Beispiel im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, liegen, wobei die bei der Gewerbemiete relevante Umsatzsteuer zu Gunsten der Mieter/ Pächter vorübergehend bereits reduziert wurde.
- Inwieweit ist der Vermieter selbst von den Folgen der behördlichen Beschränkungen betroffen? Hat er fortlaufende Finanzierungs- und Erhaltungsmaßnahmekosten zu erbringen?
- Die Dauer der Einschränkungen aufgrund der COVID-19-Pandemie.
- Vertragliche Vereinbarungen bzgl. spezifischer Risikotragungen, z.B. „Force Majeure“-Klauseln, Umsatzmiete, Mindestmietvereinbarungen usw.
- Hat der Mieter öffentliche oder sonstige Zuschüsse erhalten, mit denen er die Umsatzausfälle infolge staatlicher Beschränkungen jedenfalls teilweise kompensieren kann (Verbot des sog. „Double Dipping“)? Hat der Mieter Aufwendungen erspart, etwa weil er Kurzarbeit angemeldet hat oder der Wareneinkauf weggefallen bzw. verbrauchsbezogene Nebenkosten eingespart werden?
- Hat der Mieter durch eine private Betriebsausfallversicherung im Vorfeld das Risiko minimiert?
- Sind die Räume als Lager, Büro und als Vertriebsstätte eines möglichen Onlinehandels verwendbar?
- Der jeweilige Gewerbetreibende ist grundsätzlich als Unternehmer gehalten, Kompensationsmaßnahmen zu kreieren (Onlineshop, Gutscheinmodelle, Rabattaktionen etc.), bevor eine Anpassung des Vertrags verlangt werden kann.
Rechtsfolge: Das Gesetz ändert zudem auch nichts an den Rechtsfolgen der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB): Es besteht kein Automatismus für eine Vertragsanpassung. Diese kann nur in angemessenem Umfang begehrt werden und muss die schutzwürdigen Interessen beider Vertragsteile in ein angemessenes Gleichgewicht bringen. Die Ausgestaltung einer solchen Anpassung des Vertrags (etwa in Form von Minderung, Stundung oder sonstigen Maßnahme) bleibt Bewertung des Einzelfalls und ist zunächst den Parteien überlassen.
Anwendungszeitraum
Die Vermutungsregelung tritt am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft (Art. 14 Abs. 1, Abs. 2 des Gesetzes). Sie ist auch auf Sachverhalte anwendbar, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits abgeschlossen, aber noch nicht rechtskräftig entschieden sind. Zudem tritt die Regelung am 20. September 2022 außer Kraft (vgl. S. 24, BT-Drucks. 19/25332). Im Übrigen ist der Gesetzesbegründung zu entnehmen, dass das allgemeine und besondere Leistungsstörungsrecht (z.B. aufgrund eines Mietmangels nach § 536 BGB) – wie bisher – auch für den Zeitraum April bis Juni 2020, in welchem aufgrund des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie vorübergehend ein besonderes Kündigungsschutzrecht galt – Anwendung findet. Damit dürfte also zumindest der Argumentation der Rechtsprechung, das Mietenmoratorium im Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie sei eine vorrangige Regelung, ein Ende bereitet sein (vgl. Argumentation des LG München II, Urteil vom 22. September 2020 – 13 O 1657/20, BeckRS 2020, 34250, Rn. 18; Urteil vom 6. Oktober 2020 – 13 O 2044/20, BeckRS 2020, 34263, Rn. 22).
Vorrang- und Beschleunigungsgebot
Um schnell für Rechtssicherheit zu sorgen, hat der Gesetzgeber im gleichen Zuge ein Vorrang- und Beschleunigungsgebot für Verfahren über die Anpassung der Miete/ Pacht für Grundstücke oder Räume, die keine Wohnräume sind, wegen staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung des COVID-19-Pandemie, eingeführt. Danach wurde Folgendes neu geregelt (EGZPO):
§ 44 EGZPO Vorrang- und Beschleunigungsgebot
(1) Verfahren über die Anpassung der Miete oder Pacht für Grundstücke oder Räume, die keine Wohnräume sind, wegen staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie sind vorrangig und beschleunigt zu behandeln.
(2) In Verfahren nach Absatz 1 soll ein früher erster Termin spätestens einen Monat nach Zustellung der Klageschrift stattfinden.
Das Beschleunigungsgebot soll dabei auch für solche Rechtsstreitigkeiten gelten, in denen Mieter/ Pächter die Anpassung der Miete/ Pacht als Einrede gegen die Zahlungsklage des Vermieters/ Verpächters erheben. In diesen Verfahren soll ein früher erster Termin spätestens einen Monat nach Zustellung der Klageschrift stattfinden und es sollen auch grundsätzlich enge Fristsetzungen erfolgen.
Die vermeintlich schnelle Erreichung von Rechtssicherheit könnte in der Folge Mieter/ Pächter dazu verleiten, Ansprüche vorzeitig gerichtlich geltend zu machen, wenn Vermieter/ Verpächter in Vertragsverhandlungsgesprächen kein Entgegenkommen zu einer gemeinschaftlichen Lösung zeigen. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die neu eingeführte gesetzliche Vermutungsregelung zu ihren Gunsten, um Vertragsanpassungsansprüche zu erleichtern (§ 313 Abs. 1 BGB) und die ausdrückliche Möglichkeit öffentlich-rechtliche Beschränkungen als Mietmangel einzuordnen (§ 536 Abs. 1 BGB).
Ausblick
Es bleibt festzuhalten, dass eine etwaige Anpassung des Vertrages trotz gesetzlicher Vermutungsregelung kein Automatismus, sondern Verhandlungssache im jeweiligen Einzelfall ist. Dreh und Angelpunkt für die Voraussetzungen einer Vertragsanpassung (§ 313 BGB) wird die Darlegung des normativen Elements durch den Mieter/ Pächter sein, was eine Abwägung und Bewertung aller Umstände des Einzelfalls erfordert. Auch wenn Vermieter/ Verpächter die Gewerbemieter/ -pächter mit dem neuen Gesetz nicht mehr lediglich auf das gewinnbringende Verwendungsrisiko der Miet-/Pachtsache verweisen können, gibt es nach wie vor gute Gründe, gegen die Anpassungsverlangen zu argumentieren. Insbesondere sollten Vermieter/ Verpächter nicht vorschnell einem Mietminderungsverlangen zustimmen und stattdessen eine Stundungsabrede in Betracht ziehen. Damit verbleiben weiterhin Rechtsunsicherheiten, die durch die Rechtsprechung ausgefüllt werden müssen. Wie nachhaltig die Position der Mieter/ Pächter durch das Gesetz gestärkt wurde, bleibt damit abzuwarten.
Zudem ist davon auszugehen, dass gewerbliche Mieter/ Pächter das Beschleunigungs- und Vorranggebot nutzen werden, um schnell Rechtssicherheit über ihre Anpassungsverlangen zu erreichen. Um ressourcenintensive Gerichtsverfahren zu vermeiden, ist den Vermietern/ Verpächtern zu raten, rechtzeitig mit den Mietern in Verhandlungen einzusteigen und individuelle Vertragsregelungen zu vereinbaren, die die Risikoverteilung zu staatlichen COVID-19 Maßnahmen regeln. Ob und ggfls. wie weit Vermieter/ Verpächter sich dann auf Vertragsanpassungen einlassen, bleibt weiterhin Verhandlungstaktik und -geschick im Einzelfall.
Wichtig kann sein, in jedem Fall nur solche Vereinbarungen zu treffen, die in einem schriftformkonformen Nachtrag zum Miet- oder Pachtvertrag festgehalten sind. Insoweit zu vermeiden wären insbesondere schlichte Anschreiben an den Mieter/ Pächter mit Bitte um Gegenzeichnung. Solche bergen das Risiko, das Schriftformgebot (§§ 550, 126 BGB) zu verletzen und zu einer jederzeitigen Kündbarkeit des Miet-/ Pachtvertrags zu führen.
*Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages
In-depth 2021-002b